Inklusion - Pädagogisches Konzept

Eine Schule für alle Kinder

1.1. Integration als Aufgabe der Regelschule

Die Adolf-Reichwein-Schule ist Schwerpunktschule Inklusion für Kinder mit Unterstützungsbedarf geistige Entwicklung. Eines der Ziele ist das gemeinsame Lernen aller Kinder in einer Schule.
Die Beschulung der genannten Kinder wird weniger von deren Beeinträchtigung abhängen als viel mehr davon, mit welchen Einstellungen die Erwachsenen ihnen begegnen und darauf eingehen können. Dadurch erwerben die Regelkinder eine zusätzliche soziale Kompetenz. Insofern wirken die Erwachsenen als Vorbild für alle Schülerinnen und Schüler, die viele Verhaltensweisen durch Nachahmen übernehmen werden. Ziel ist ferner, Unterrichtsbedingungen zu schaffen, in denen lernzieldifferent und inklusiv gearbeitet werden kann, in denen die Kinder entsprechend ihrer besonderen Bedürfnisse zielgerichtet und geduldig gefördert werden können.
Das bedeutet auch, dass alle Kinder als verschieden akzeptiert werden und im Klassenverband nicht wegen ihres Förderbedarfs getrennt sein dürfen.
1.2. Ziele bezüglich der SchülerInnen in der Inklusion
1.2.1. Allgemeine Ziele
  •   SchülerInnen mit Unterstützungsbedarf sollen als gleichwertige Partner erlebt werden
  •   der helfende Umgang mit beeinträchtigten Kindern soll geübt werden
  •  die Bildungsrechte aller Kinder - sowohl der mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf als auch der ohne diesen Anspruch - sollen angemessen berücksichtigt werden.
Dabei sollen alle SchülerInnen
  •  Möglichkeiten und Grenzen, die in der eigenen Person liegen, erfahren
  •  eine positive Lebenseinstellung entwickeln
  •   ihre Umwelt mitgestalten
  •  sich in einer Gemeinschaft orientieren, einordnen, behaupten und diese aktiv mitgestalten
  •   Rücksicht aufeinander nehmen
  •  Verschiedensein und Anderssein als normal erfahren und begreifen
  •  zunehmend selbständiger und erfolgreicher ihre Lernprozesse (mit-) planen
  • Verantwortung für sich und andere übernehmen und tragen
  • anderen helfen.
1.2.2. Spezielle Ziele
Die SchülerInnen sollen gemeinsam im Klassenverband, in Kleingruppen und einzeln lernen und gefördert werden. Die spezifischen Lernziele ergeben sich aus
  • dem Kerncurriculum der Grundschule für die Kinder ohne sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf,
  • dem Kerncurriculum der Förderschule für die Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf.
1.3. Anfangsphase zur Ermittlung der Voraussetzungen
Damit ein Kind mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf seinen Ansprüchen gemäß bestmöglich gefördert werden kann, müssen zunächst seine spezifischen Fähigkeiten und Fertigkeiten erkannt werden. Dies sollte unserem Konzept nach in einer "Anfangsphase" mit Beginn der Einschulung aufgrund gezielter Beobachtungsverfahren geschehen. In dieser "Anfangsphase" können in vielen spielerischen Formen und Lernarrangements auch noch Defizite erkannt werden, welche die einzelnen Kinder - und hiermit meinen wir alle Kinder, nicht nur diejenigen mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf - mitbringen.
Schülerbeobachtungen während der "Anfangsphase" des ersten Schuljahres und im Anfangsunterricht sollen zur kontinuierlichen Ermittlung der differenten Lernvoraussetzungen beitragen. Diese Beobachtungen bei gemeinsamem Spiel, gemeinsamem Erleben und gemeinsamem Arbeiten dienen dem Ziel, für die Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf neben der Notwendigkeit individualisierter Lernangebote eine möglichst große Anzahl gemeinsamer Lernprozesse zu ermöglichen.
Diese Beobachtungen können sich auf folgende Bereiche beziehen:
  • Emotionales Verhalten bezüglich Personen und Situationen
  • Verhalten in Kleingruppen und in der Klassengemeinschaft
  • Einschätzung der eigenen Fähigkeiten
  • Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer
  • Verhalten in Spielsituationen
  • Sprach- und Sprechverhalten
  • Verhalten im Bereich Psychomotorik/Wahrnehmung
  • Entwicklung von Grob- und Feinmotorik
  • Kooperationsbereitschaft
  • Laut- und Symbolverständnis
  • Kommunikationsbereitschaft und Kommunikationsfähigkeit
  • Lernvoraussetzungen im pränumerischen und logischen Bereich
Aus diesen Beobachtungen ergeben sich aufgrund der didaktischen Leitlinien weitere Ziele, Inhalte, Methoden und Sozialformen des Unterrichts. Die bereits genannten Ziele und die öffnung des Unterrichts sollen keine einseitige Festlegung auf die beschriebenen Unterrichtsformen bedeuten, wie z.B. ausschließlich auf projektorientierte Verfahren. Vielmehr liegt gerade in Methodenvielfalt und häufig wechselnden Sozialformen die Chance, ein Geflecht der sozialen Binnenstruktur in einem Ausmaß zu erreichen, wie es im eindimensionalen, herkömmlichen Unterricht nicht gelingen kann. Selbstverständlich werden die Auswertungen der Beobachtungen und die Reflexion von Planung und Auswertung des Unterrichts immer wieder aufs neue die Organisation der Lernprozesse begründen helfen.
1.4. Kerncurricula als Grundlage der Unterrichtsarbeit
Grundlagen der Unterrichtsarbeit sind also die jeweiligen Kerncurricula. Den dort genannten Zielen soll durch verstärkte Individualisierung auch der Lernhilfen, Arbeitsmittel und Methoden Rechnung getragen werden. Im muttersprachlichen und sachunterrichtlichen Bereich wie auch im gesamten musischen Bereich soll möglichst häufig handlungsorientiert und projekt-orientiert-inklusiv gearbeitet werden. Hierdurch können für alle Kinder gemeinsame Lernfelder gesichert werden, zugleich aber auch zieldifferentes Lernen je nach Grad der Beeinträchtigung oder der spezifischen Leistungsfähigkeit ermöglicht werden. Grundschule und Förderschule arbeiten nach ähnlichen didaktischen und methodischen Prinzipien. Inhalte und Lehrverfahren lassen sich grundsätzlich miteinander verbinden und in übereinstimmung bringen.
1.5. Der Erlass "Die Arbeit in der Grundschule" und
       darin enthaltene Möglichkeiten inklusiven Unterrichts
Der Erlass "Die Arbeit in der Grundschule" eröffnet den Lehrkräften vielfältige didaktische und methodische Handlungsspielräume bei seiner Tätigkeit. Ausgehend von unterschiedlichen kognitiven Fähigkeiten und auch unterschiedlichen Interessenlagen der Schüler, wird die Notwendigkeit individuellen und differenzierenden Lernens beschrieben. Handelnder Umgang mit Lerninhalten, fächerübergreifendes projektorientiertes Lernen, Möglichkeiten epochaler Arbeit, die Bedeutung eines erzieherischen Schullebens, Selbsttätigkeit und Selbstkontrolle, freies Arbeiten und Arbeitsgemeinschaften sind nur einige Vorschläge für die Arbeit in der Grundschule. Unsere Erfahrungen aus den Schwerpunktklassen Inklusion an unserer Schule zeigen, dass gerade die genannten Unterrichtsformen des differenzierenden Lernens die individuelle Lernentwicklung aller Kinder fördern.
1.5.1. Didaktische Leitlinien
Die Grundschule soll ihre Schüler entwicklungsgerecht durch angemessene Anregungen und Aufgabenstellungen fördern und unter dem Anspruch ausgleichender Bildungsvermittlung jedem Schüler den Lernweg eröffnen, der seine mitgebrachten Erfahrungen, die vom Elternhaus geprägten Lerngewohnheiten und seine individuellen Eigentümlichkeiten mit den systematischen Lernanforderungen der Schule verbindet. Ihren Schülern schuldet die Grundschule die Einführung in die Grundfähigkeiten, die für alle Lern- und Handlungsbereiche wichtig ist.
Die folgenden didaktischen Leitlinien sollten berücksichtigt werden:
  • Der Unterricht geht von den beim Kind vorhandenen Erfahrungen und Erlebnissen, von seinen Erkenntnissen und Fähigkeiten aus.
  • Er ermöglicht dem Kind, soviel selbst zu finden, zu entdecken und einzubringen wie irgend möglich.
  • Er gewährt dem Kind Handlungsspielräume, innerhalb derer es zu neuen Erfahrungen gelangen kann.
  • Er schult die am jeweiligen Inhalt orientierten Arbeitsweisen, Fertigkeiten und Techniken.
  • Er übt in Methoden eigenständigen Erarbeitens ein und erzieht dabei auch zur überprüfung der eigenen Ergebnisse.
  • Er setzt wechselnde Lernformen - vom Lernen im Spiel übers freies Arbeiten bis hin zum lehrgangsorientierten Unterricht - ein, und versucht so, kindliches Lernvermögen und schulische Leistungsanforderungen in Einklang zu bringen.
  • Er nutzt das Unterrichtsgespräch als Form gemeinsamen Lernens und Denkens; dabei erfahren die Schüler, dass das Lernen im Unterricht durch darstellendes Mitteilen, Fragen, Erörtern und Begründen erleichtert wird.
  • In ihm werden Lerninhalte in einer Weise ausgewählt und erschlossen, dass die angestrebten Lernziele von möglichst vielen Schülern erreicht werden können.
  • Er lässt in den einzelnen Phasen ausreichend Zeit zum begleitenden üben und Festigen, damit Inhalts- und Problemfülle nicht zu Oberflächlichkeit oder Entmutigung im Lernen führen.
  • Er gibt Anleitung und Hilfe für die selbständige Erledigung von Aufgaben und für selbständiges üben und schafft so die notwendige Voraussetzung für das Anfertigen von Hausaufgaben. Diese sollten stets so gestellt werden, dass die Mithilfe der Erziehungsberechtigten nicht erforderlich ist.
Das Gelingen des Unterrichts hängt nicht nur von der Beachtung didaktischer Leitlinien ab, sondern auch von der sachgerechten Anwendung der vielfältigen Ordnungsformen des Unterrichts.
Lernen im Klassenverband kann u.a. dazu dienen:
  • Inhalte mit der Gesamtgruppe zu erarbeiten und durchzuarbeiten
  • alle Schüler schnell und in gleicher Weise zu orientieren und zu informieren
  • in Schritte eines Lehrgangs einzufahren
  • Arbeitsorientierungen für Lernphasen zu geben
  • Unterrichtsgespräche mit der Gesamtgruppe der Schüler durchzuführen
  • gleiche Erlebnis- bzw. Erfahrungsgrundlagen zu schaffen
  • eine Arbeitsrückschau nach kürzeren oder längeren Lernphasen durchzuführen
  • Arbeit in Gruppen vorzubereiten oder deren Ergebnisse darzustellen
  • größere Unterrichtsvorhaben zu planen
Eine zu starke Betonung der Arbeit mit der Gesamtgruppe der Schüler wird fragwürdig, wenn der einzelne Schüler dabei zu wenig selbständig lernen kann.
1.5.2. Gemeinsame Inhalte und gemeinsame Lernfelder
Grundsätzlich soll von gemeinsamen Inhalten ausgegangen werden, die aber phasenweise lernzieldifferent aufgeschlossen werden sollen. Eine Konkretisierung dieses Vorhabens lässt sich erst bei einer fortschreitenden Planung des Unterrichts für diese In-Klasse umsetzen. Eine Annäherung der unterschiedlichen Kerncurricula wird im Verlauf der Unterrichtsarbeit wo immer möglich angestrebt. Den Kindern werden die für ihre Entwicklung notwendigen Hilfen im Rahmen der schulischen Bildung zur Verfügung gestellt.
1.5.3. Vielfältige Binnendifferenzierung im inklusiven Unterricht
Alle Kinder sollen in ihren besonderen Lernbedürfnissen nach besten Kräften unterstützt und gemäß ihren Voraussetzungen und gemäß ihrem individuellen Lerntempo gefördert werden. Ein so verstandener Unterricht berücksichtigt die Voraussetzungen aller Kinder und kann daher nur häufig binnendifferenzierend in möglichst vielfältigen Formen schulischen Lernens organisiert werden. Dabei wird er das Ziel der Inklusion nicht aus den Augen lassen dürfen und deswegen das gemeinschaftliche Lernen immer wieder arrangieren.
1.6. Inklusion und Innere Differenzierung als Realisierung des Erlasses
      "Die Arbeit in der Grundschule".
Je mehr es den Lehrerinnen und Lehrern gelingen wird, die Forderungen und Ansätze des Grundsatzerlasses "Die Arbeit in der Grundschule" (und hier sind ins besondere die Merkmale eines Offenen Unterrichts gemeint, wie z.B. Innere Differenzierung, Verwirklichung handlungsorientierten Lernens, Freiarbeit usw.) in ihrem Unterricht zu verwirklichen, um so stärker wird das gemeinsame Lernen von Kindern im Vordergrund stehen. Aber auch die individuelle Förderung der anderen Kinder wird sich durch Realisierung solcher Prinzipien besser umsetzen lassen. Durch gemeinsames Handeln und Lernen mit anderen Kindern - aber auch durch Lernen am Vorbild - werden sich die soziale Kompetenz aller Kinder in der Inklusion stetig entwickeln können.
1.6.1. Offene Unterrichtsformen
Ein auf den Ergebnissen und Erfahrungen der "Anfangsphase" aufbauender Offener Unterricht wird Verschiedenheiten berücksichtigen und nutzbar machen für den individuellen Lernfortschritt der Kinder. Er wird sich je nach Bedarf im Wechsel von Differenzierungsformen vollziehen. Er wird das gemeinschaftliche Lernen dort bewusst machen und fördern, wo es ohne überforderung für alle möglich ist.
Methoden und Formen inklusiven Unterrichts können u.a. sein:
  • Individuelle Erkundungen, die für die Gemeinschaft nutzbar gemacht werden,
  • Partnerarbeit mit und ohne Hilfen der Lehrerinnen und Lehrer,
  • Gruppenarbeitsformen (gleichschrittig oder differenzierend)
  • Arbeit nach Tages- und Wochenplänen
  • Freiarbeit,
  • Fördernde Kleingruppenarbeit,
  • Entdeckendes Lernen in kindgemäßen Versuchen
  • Das gemeinsame Erstellen von "Büchern"
  • Gemeinschaftsarbeiten in Kunst-, Werken- und Textilunterricht
  • Rollenspiele und einfache Planspiele
  • Gemeinsame Erarbeitung von Wandzeitungen o.ä.
  • Handlungsorientiertes Lernen
  • Fächerübergreifendes projektorientiertes Lernen
1.6.2. Lernen mit allen Sinnen
Ohne den methodischen Ansätzen und Verfahren vorgreifen zu wollen, die sich durch die auf die Integrationsklasse bezogene Konzeption, Realisation und Reflexion verschiedener Unterrichtsphasen immer weiter begründen und verfeinern werden müssen, soll an dieser Stelle noch auf das Prinzip des kindgemäßen Lernens mit allen Sinnen eingegangen werden. Je vielfältiger konkret - anschaulich und dabei unter Einbeziehung von möglichst allen für das Lernen wichtigen Sinnesorganen sich Lernprozesse auf selbsttätig - handelnde und nachvollziehbare Weise nicht nur in den Lehrgängen "Erstlesen", "Schreiben" und "Mathematik" gestalten, umso sicherer wird sich aus ersten Laut- und Mengensymbolen stetig fortschreitend ein Geflecht an Grundwissen entwickeln, das es allen Kindern ermöglicht, in angemessener Zeit erfolgreich zu lesen, zu schreiben und zu rechnen. Anregungen aus mehrdimensionalen Lehrgängen (wie unter anderem aus dem Lehrgang "Lesenlernen mit Hand und Fuß") in beispielsweise handlungsorientierten Stationsverfahren können zur Erreichung dieser Zielsetzung aufgegriffen und für die Kinder variiert werden.
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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